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Fakes und Desinformation bekämpfen: Angela Jain über das "Forum gegen Fakes"

Wie sollten wir mit Fakes und Desinformation umgehen, um uns und unsere Demokratie besser zu schützen? Lösungen dafür sucht das Projekt "Forum gegen Fakes" der Bertelsmann Stiftung und kombiniert dafür eine deutschlandweite Online-Beteiligung mit einem Bürgerrat. Projektleiterin Angela Jain gibt im Interview Einblicke in das Projekt.

2024-06-14

Fakes und Manipulation von Informationen verunsichern die Bevölkerung. Gerade im Superwahljahr 2024/25 verhindert Desinformation einen fairen demokratischen Diskurs und befeuert die Radikalisierung von Meinungen: Desinformation wird zu einer Gefahr für unsere Demokratie. In einem einzigartigen Beteiligungsprozess kombiniert die Bertelsmann Stiftung in dem Projekt „Forum gegen Fakes“ eine deutschlandweite Online-Beteiligung mit einem Bürgerrat.

 

Nun ist wieder ganz Deutschland aufgerufen, bis zum 2. Juli 2024 über 15 Empfehlungen und 28 Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation auf www.forum-gegen-fakes.de abzustimmen: Wie sollten wir mit Fakes und Desinformation umgehen, um uns und unsere Demokratie besser zu schützen?

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Angela Jain und Ella Fruchtmann beim Bürgerrat (Foto: Bertelsmann Stiftung | Fotograf: Sebastian Pfütze)

3 Fragen an Angela Jain (Senior Project Manager, Bertelsmann Stiftung und Projektleitung Forum gegen Fakes)

 

Wie wurde der Beteiligungsprozess organisiert? Wie lief der Bürgerrat ab? 

 

Der Bürgerrat des Forum gegen Fakes besteht aus 120 Bürgerinnen und Bürger, die in Bezug auf ihre regionale Herkunft, Gemeindegröße, Geschlecht, Alter, Bildungsgrad und Migrationshintergrund die Vielfalt Deutschlands widerspiegeln. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen keine besonderen Vorkenntnisse zum Thema – sie bringen einfach ihr Alltagswissen und ihre Erfahrungen mit.

 

In drei Phasen haben die Bürgerinnen und Bürger die Empfehlungen erarbeitet: In der ersten Phase wurden die Vorschläge aus einer offenen Beteiligung über eine Online-Plattform als Grundlage genutzt und thematische Schwerpunkte gesetzt. Für Informationsgrundlagen und fachliche Fragen standen Expertinnen und Experten zur Verfügung. Die Ideen, die dann in der zweiten Phase entwickelt wurden, konnten online von der ganzen Bevölkerung kommentiert werden. Aufgrund dieser Vorschläge formulierte der Bürgerrat in der letzten Phase die konkreten Handlungsempfehlungen, die jetzt final vorliegen.

 

Zwei Mal trafen sich die Bürgerinnen und Bürger des Bürgerrats für ein ganzes Wochenende im Kronprinzenpalais in Berlin – die Bürgerinnen und Bürger haben hier wirklich viel geleistet. Die Arbeit an einem so komplexen Thema ist anstrengend und Diskussionen in einer so diversen Gruppe sind sehr intensiv. Um so wunderbarer ist es, dass der Austausch produktiv, konstruktiv, respektvoll und engagiert war! Die Bürgerinnen und Bürger blicken positiv auf ihre Erfahrungen im Bürgerrat und sind zu Recht stolz auf ihre Ergebnisse.

 

Nun können ein letztes Mal alle online mitmachen und die Empfehlungen des Bürgerrats priorisieren, ganz einfach unter www.forum-gegen-fakes.de

 

Welche Themen und Fragen sollten innerhalb des Projekts behandelt werden?

 

Zu Beginn des Forum gegen Fakes haben wir in der ersten Online-Beteiligung eine offene Frage an alle Menschen in Deutschland gestellt: Was sollten wir tun, um uns und unsere Demokratie vor Fakes und Desinformation zu schützen? Wir wollten wissen, was die Leute bei diesem Thema bewegt, was ihre Sorgen und Ideen sind. Das Thema Desinformation ist breit – von verbesserter außerschulischer Bildung über Kennzeichnung künstlicher Intelligenz bis hin zu der Regulierung von Social Media Plattformen und die Rolle von Medien und Journalismus: Die Themen, die jetzt vom Bürgerrat und den online Teilnehmenden behandelt wurden, kommen aus der Gesellschaft, von den Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands. 


Das Bundesministerium des Innern und für Heimat mit dem das Projekt kooperiert, hat dabei ein besonderes Interesse an der Frage eingebracht, wie mit dem Einfluss fremder Staaten durch Desinformation umgegangen werden soll. 

 

Welche Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation wurden von den Bürger:innen vorgeschlagen und wie sollen diese umgesetzt werden?

 

Aus dem Beteiligungsprozess sind nun 15 Empfehlungen, bestehend aus insgesamt 28 Maßnahmen, hervorgegangen. Diese stehen jetzt zur Abstimmung, um die Top 3 Maßnahmen zu identifizieren.

 

Mit dem Ziel, die Verbreitung von Desinformationen in den Sozialen Medien einzudämmen, entstand zum Beispiel die Empfehlung, Plattformbetreiber zu verpflichten, Desinformation effektiv zu bekämpfen. Eine Maßnahme dieser Empfehlung ist die verpflichtende Kennzeichnung von Beiträgen, die Desinformation enthalten könnten. So kann die Transparenz erhöht werden, argumentieren die Bürgerinnen und Bürger in der Gruppe. 


Mehrere Maßnahmen haben das Ziel, die Medienkompetenz in der Bevölkerung zu erhöhen. Zum Beispiel sollen Schülerinnen und Schüler ab der dritten Klasse in einem eigenen Schulfach Selbstverantwortung im Umgang mit Informationsquellen und Social Media erlernen und für Desinformation sensibilisiert werden.  


Die Bürgerinnen und Bürger im Bürgerrat haben auch darüber nachgedacht, wie Erwachsene erreicht werden können, die nicht mehr im Schulsystem sind. Zu den freiwilligen Maßnahmen dieser Empfehlung gehören kostenlose Medienkompetenzgrundkurse an Volkshochschulen und Weiterbildungsinstituten, aber auch staatliche Unterstützung im Marketing von Weiterbildungsmaßnahmen, zum Beispiel von Unternehmen. Die erfolgreiche Werbung für die freiwilligen Angebote ist essenziell, um Menschen, die sich nicht mehr auf Ausbildungswegen befinden, zu erreichen.


Der Qualitätsjournalismus soll gestärkt werden, durch eigene Aufklärungsarbeit zu den Auswirkungen von Desinformation und durch ein freiwilliges, transparent gestaltetes Gütesiegel.

 

Jede Empfehlung wurde detailliert ausgearbeitet – die Bürgerinnen und Bürger des Bürgerrats haben Ziele und Maßnahmen formuliert und diese begründet. Da steckt viel Wissen drin – immerhin wurde insgesamt 9 volle Tage im Bürgerrat diskutiert. Das merkt man beim Lesen! Das Bürgergutachten wird im September veröffentlicht. 

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Die Gesamtergebnisse des Beteiligungsprozesses werden in einem Bürgergutachten zusammengefasst. Am 12. September 2024 wird dieses im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) an Bundesministerin Nancy Faeser übergeben und veröffentlicht. Die darin enthaltenen Politikempfehlungen nutzt das BMI unter anderem bei der Erarbeitung der Strategie zum Umgang mit Desinformation. Neben der Politik werden auch zivilgesellschaftliche Akteure sowie Akteure aus der Wirtschaft, den Medien und der Wissenschaft als Adressaten des Bürgergutachtens angesprochen. 


Das „Forum gegen Fakes – Gemeinsam für eine starke Demokratie“ ist ein Projekt der Bertelsmann Stiftung. Die Stiftung kooperiert in dem Projekt mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat, der Stiftung Mercator und der Michael Otto Foundation for Sustainability. Außerdem wird das Projekt unterstützt durch das Nachrichtenportal t-online, die Initiative #UseTheNews, Deutschland sicher im Netz e.V. und einen Projektbeirat.

 

Zur Abstimmung geht es hier: www.forum-gegen-fakes.de

 

Eine Übersicht über alle Empfehlungen findet man außerdem hier.