Forschungsüberblick April: Influencer:innen als politische Informationsquelle und Gründe für Nachrichtenvermeidung
Eine Studie zeigt, warum einige Jugendliche politische Inhalte von Influencer:innen als Quelle bevorzugen. Eine andere identifiziert drei Faktoren, die die Nachrichtennutzung von Jugendlichen beeinflussen. Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung fasst im neuen Forschungsüberblick wieder aktuelle Studienergebnisse zusammen.
Wer verlässt sich auf Social Media Influencer:innen für politische Informationen?
Jugendliche nutzen die von Social Media Influencer:innen (SMI) geposteten Inhalte nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zur politischen Information. Doch warum bevorzugen einige Jugendliche die politischen Inhalte von SMIs gegenüber Nachrichteninhalten aus anderen Quellen? Eine aktuelle länderübergreifende Studie zeigt, dass männliche Jugendliche, die politisch aktiv sind und SMI eine Meinungsführerfunktion zuschreiben, diese Persönlichkeiten eher für zentrale politische Informationsquellen halten. In der zwischen April 2022 und März 2023 durchgeführten Umfrage wurde untersucht, welche Variablen positiv mit der Auswahl von SMI als primäre politische Informationsquelle unter einer quotenbasierten Stichprobe von jungen Erwachsenen (16-22 Jahre) in Deutschland (N = 559) und Belgien (N = 495) zusammenhängen. Insgesamt waren über die Hälfte (59 %) der Jugendlichen in der Lage, eine:n bevorzugte:n politische:n SMI zu nennen. Darüber hinaus weist die länderspezifische Analyse darauf hin, dass in Deutschland ein geringes subjektives politisches Wissen und parasoziale Beziehungen, die zu SMI aufgebaut wurden, mit dem Vertrauen in sie als politische Informationsquelle verbunden sind.
Nachrichtenvermeidung kann Ausdruck von Unzufriedenheit mit Negativität sein
Immer mehr Menschen gehen Nachrichten bewusst aus dem Weg – und weisen trotzdem einen durchschnittlichen bzw. hohen Nachrichtenkonsum auf. Das deutet auf eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Nachrichtenberichterstattung hin. Eine kürzlich erschienene Studie zeigt jetzt, dass vor allem junge Menschen Nachrichten als übermäßig negativ empfinden und sogar von körperlichen Reaktionen darauf (z. B. Einschlafproblemen) berichten. Das geht aus einer Online-Befragung in Österreich (N = 1.007) hervor. In der Studie wurden verschiedene Typen von Vermeidern anhand der Intentionalität der Vermeidung (hoch/durchschnittlich oder niedrig) und des Nachrichtenkonsums (hoch oder durchschnittlich/niedrig) identifiziert. Insgesamt stellen die Forschenden fest, dass eine hohe absichtliche Nachrichtenvermeidung ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Negativität in den Nachrichten ist, während ein niedriger Nachrichtenkonsum mit einem Mangel an Vertrauen in die Medien und die Politik zusammenhängt.
Drei Faktoren beeinflussen die Nachrichtennutzung von Jugendlichen
Drei strukturelle Faktoren im privaten und außerfamiliären Umfeld beeinflussen, wann und wie Jugendliche Nachrichten konsumieren: der Zugang zu Medien und Internet, die Regulierung durch Eltern und Lehrpersonen und drittens die Routinen zu Hause oder in der Schule. Diese Einsichten liefert eine kürzlich erschienen Mixed-Methods-Studie, in der das Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen (12- bis 20-Jährigen) in der Schweiz im Zeitraum von 2019 bis 2020 untersucht wurde (N = 66). Die drei identifizierten Faktoren prägen das individuelle Medienumfeld und stehen im Zusammenhang mit dem Nachrichtenkonsumverhalten der Jugendlichen. Darüber hinaus wurden Veränderungen im Verhalten bei Schulübergängen deutlich, bei denen Jugendliche nicht nur die Lehrkraft wechseln und eine neue Gleichaltrigengruppe bekommen, sondern oft auch mit einem Ortswechsel konfrontiert sind. Bei diesen Veränderungen kann es sich um normative Übergänge handeln, die sich auf die strukturellen Faktoren des individuellen Medienumfelds auswirken und somit das Nachrichtenkonsumverhalten der Jugendlichen beeinflussen.