Leonie Wunderlich
Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI)
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Forschungsüberblick Februar: Wie negative Berichterstattung Ängste schürt und welche News-Themen Jugendliche interessieren

Für welche Themen interessieren sich Jugendliche, wo informieren sie sich darüber und welche Ängste schüren die klassischen Medien im Vergleich zu den alternativen Medien? Diese Fragen beantworten die Studien, die Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut in diesem Beitrag vorstellt.

2024-02-14 — Leonie Wunderlich

Negative Darstellung von Themen in der Berichterstattung schürt Ängste von Nutzenden 

 

Die Wahrnehmung „all news is negative“ haben vor allem junge Menschen – und tatsächlich ist Negativität eines der auffälligsten Merkmale der Nachrichtenberichterstattung. Wie die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichen Studie zeigen, kann die negative Darstellung von Themen bei Nutzer:innen Ängste in Bezug auf gesellschaftliche Themen hervorrufen: So ist die Orientierung von Nutzenden an alternativen Nachrichten mit einem höheren Maß an Angst vor Gewaltverbrechen verbunden, während die Orientierung an etablierten Nachrichten mit einem höheren Maß an Angst vor dem Klimawandel verbunden ist. Diese Beobachtung hängt damit zusammen, dass alternative Nachrichtenmedien Gewaltverbrechen negativer darstellen als Mainstream-Nachrichtenmedien, während das Gegenteil für den Klimawandel zutrifft – den Mainstream-Nachrichtenmedien negativer darstellen als alternative Nachrichtenmedien. Die Erkenntnisse basieren auf einer Inhaltsanalyse von Mainstream- und alternativen Nachrichtenmedien und einer dreiwöchigen Panelumfrage, die beide in Schweden durchgeführt wurden. Die Forschenden sind der Frage nachgegangen, wie allgemeine und alternative Nachrichtenorientierungen mit egotropischer Angst (der Sorge, persönlich betroffen oder geschädigt zu sein) vor Gewaltverbrechen und dem Klimawandel zusammenhängen. Sie schlussfolgern, dass die Ergebnisse Konsequenzen für das Verständnis der Rolle, die Mainstream- und alternative Nachrichtenmedien in der Gesellschaft spielen, haben. 

 

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Krieg in der Ukraine und Klimawandel: Diese Themen interessieren Jugendliche besonders 

 

Knapp zwei Drittel der Jugendlichen sind am aktuellen Weltgeschehen interessiert. Vor allem sind der Krieg in der Ukraine (54%) sowie der Klimawandel (63%) von hohem Interesse. Informationen zu diesen und anderen aktuellen Themen bekommen Jugendliche hauptsächlich durch Gespräche mit Familien und Freunden sowie über Nachrichten in Fernsehen und Radio. Etwa ein Drittel nutzen täglich oder mehrmals wöchentlich auch Plattformen wie YouTube (33%) TikTok (30%) und Instagram (29%), um sich online zu informieren. Diese Erkenntnisse liefert die aktuelle JIM-Studie (Jugend, Information, Medien), im Rahmen derer zwischen dem 30. Mai und dem 9. Juli 2023 1.200 Jugendliche in ganz Deutschland im Alter zwischen 12 und 19 Jahren befragt wurden. In der Studie wurde auch der Kontakt mit Desinformation abgefragt. Über die Hälfte (58%) der Jugendlichen in Deutschland ist im letzten Monat in Kontakt mit Desinformationen gekommen. Im Altersverlauf steigt der Anteil an Jugendlichen, die im Netz Desinformation sowie extremen politischen Ansichten und Verschwörungstheorien begegnen, an.

 

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Wie Russischsprachige in Deutschland ihre transnationalen Nachrichtenrepertoires zusammenstellen

 

Insbesondere in Zeiten zunehmender internationaler Konflikte und Polarisierung kann sich die Berichterstattung über nationale und internationale Politik in den internationalen Medien drastisch unterscheiden. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, wie in Deutschland lebende Russischsprachige sich in Medien des Heimat- und des Aufnahmelandes informieren. Die Ergebnisse zeigen, dass alle Nachrichtenrepertoires der Teilnehmenden transnational sind. So hat die Autorin auf Grundlage von 42 halbstrukturierten Interviews mit russischsprachigen Personen der 1. und 1,5. Generation in Deutschland drei Arten von transnationalen Nachrichtenrepertoires identifiziert: (1) politisch motiviertes Nachrichtenrepertoire, (2) wahrheitssuchmotiviertes Nachrichtenrepertoire und (3) situationsmotiviertes Nachrichtenrepertoire. Insgesamt argumentiert die Forscherin, dass im Kontext eines internationalen Konflikts nicht nur die Sprache, sondern auch die politischen Überzeugungen der Teilnehmenden eine wesentliche Rolle bei ihrer Nachrichtenauswahl spielen. 

 

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