Forschungsüberblick März: Politik-Influencer:innen helfen bei der Einordnung von Informationen
Ein Drittel der Jugendlichen prüft Online-Informationen nicht vor dem Teilen, Politik-Influencer:innen haben Einfluss bei "Lifestyle-bezogenen" Politik-Themen und Browserverläufe verraten Nachrichtenerfahrungen – darum geht es in den Studien, die Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung in diesem Beitrag zusammengefasst hat.
Jugendliche haben Nachholbedarf beim kritischen Umgang mit Online-Informationen
Die Mehrheit der 15-jährigen Schüler:innen in Deutschland gibt an, dass es ihnen leichtfalle, relevante Informationen im Internet zu finden. Allerdings fühlt sich weniger als die Hälfte (47 %) dazu in der Lage, die Qualität der gefundenen Informationen fundiert zu beurteilen. Das zeigt eine Sonderauswertung der jüngsten PISA-Studie zur Nachrichtenkompetenz von Forschenden der Technischen Universität München (TUM). Die PISA-Studie wird alle drei Jahre (ab 2025 alle vier Jahre) in über 80 Ländern durchgeführt. Teilnahmeberechtigt sind fünfzehnjährige Jugendliche (n= 6.116 in 2022), die seit mindestens einem Jahr eine Schule in Deutschland besuchen. Außerdem interessant: Nur knapp 60 Prozent der Jugendlichen in Deutschland vergleicht verschiedene Quellen. Im OECD-Durchschnitt trifft dies auf fast 72 Prozent zu. Zudem überprüft etwa ein Drittel der Schüler:innen nicht, ob Online-Informationen korrekt sind, bevor sie diese in den sozialen Medien teilen.
Politische Social-Media-Influencer:innen wichtig für Informationseinordnung
Angebote traditioneller Medienorganisationen sind nach wie vor die Hauptquelle für politische Informationen; auf Politik fokussierte Influencer:innen werden aber zunehmend genutzt, um diese Informationen zu verstehen. Diese Erkenntnisse wurden in einer qualitativen Interviewstudie mit 16- bis 22-Jährigen in Deutschland (n=12) gewonnen. In den Interviews wurden die Nutzung und Wahrnehmung von Social-Media-Influencer:innen (SMI) durch Jugendliche und junge Erwachsene im Zusammenhang mit der Verbreitung politischer Informationen, der Meinungsbildung und der Mobilisierung untersucht. Es zeigt sich zudem, dass Influencer:innen, die gelegentlich über politische Themen sprechen, von den Befragten nicht als zuverlässige Quellen für politische Informationen wahrgenommen werden. Die Forschenden schlussfolgern, dass SMI im Allgemeinen besonders wirksam bei der Verbreitung sogenannter „Lifestyle-bezogener Politik“ werden können: Bei persönlich erlebten Themen von allgemeinem Interesse für die Gesellschaft, wie Ernährung, Gesundheitsverhalten oder nachhaltige Lebensstile.
Digitale Spuren können Vielfalt von Nachrichtenerfahrungen sichtbar machen
Was sind Nachrichten aus der Perspektive der Nutzer:innen? Eine aktuelle Studie ist dieser Frage nachgegangen, indem die Daten von Personen gesammelt und ausgewertet wurden, die ihre Daten durch die Spende von Browserverläufen zur Verfügung gestellt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass nur ein kleiner Teil der Website-Besuche im Zusammenhang mit Nachrichten-Domains stehen. Von diesen Nachrichten-Domains entfällt ein großer Teil auf lokale und regionale Anbieter. Bei näherer Betrachtung der Inhalte konnten die Forschenden feststellen, dass Nutzende an unerwarteten oder weniger untersuchten Stellen (z.B. Beauty-Webseiten) auf politische Inhalte stoßen, während umgekehrt weniger als ein Drittel der Besuche bei professionellen Quellen für allgemeine Nachrichtenberichterstattung mit politischen Inhalten in Zusammenhang stehen.