Forschungsüberblick Mai: Mit Nachrichtenmedien gegen Fehlinformationen
Nachrichten helfen im Kampf gegen Desinformation, wie eine aktuelle Studie deutlich macht. Andere Forschungsergebnisse zeigen die komplexen Medienpraktiken von Jugendlichen auf. Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung gibt im Mai wieder einen Überblick über aktuelle Studienergebnisse.
Medienvertrauen sinkt moderat
Das Medienvertrauen der Deutschen ist gegenüber 2022 moderat gesunken – etwas weniger als die Hälfte (44 Prozent) der deutschen Bevölkerung vertraut den Medien allgemein, knapp ein Drittel (31 Prozent) vertraut ihnen „teils, teils“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt weiterhin das höchste Vertrauen aller Mediengattungen, weniger vertraut wird hingegen Onlinequellen und dem privaten Rundfunk. Diese Erkenntnisse basieren auf einer repräsentativen Telefon-Umfrage unter Bürger:innen ab 18 Jahren in Deutschland (N = 1.200), die im November und Dezember 2023 durchgeführt wurde. Die Langzeitstudie Medienvertrauen wird seit dem Jahr 2015 von einem Forschungsteam des Instituts für Publizistik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Instituts für Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt. Auch interessant: das Vertrauen in kontrovers diskutierte Themen wie dem Klimawandel oder dem Thema Flucht und Vertreibung ist erneut deutlich gesunken.
Nachrichten helfen im Kampf gegen Fehlinformationen
Verschlimmern oder verringern Nachrichtenmedien die Probleme mit Fehlinformationen? Eine Studie zeigt, dass Nachrichtenkonsum das Bewusstsein von Nutzer:innen für falsche Behauptungen erweitert, aber nicht ihren Glauben an falsche Behauptungen erhöht. In einigen Fällen hat die Nutzung von Nachrichten sogar die Aneignung falscher Überzeugungen geschwächt – abhängig von der Art des Zugangs (online oder offline) und der Art der Nachrichtenquelle. Diese Ergebnisse basieren auf einer Panel-Umfrage in Brasilien, Indien und dem Vereinigten Königreich (N = 4.732), in der die Auswirkungen der Nutzung von Nachrichten und digitalen Plattformen auf die Wahrnehmung von und den Glauben an COVID-19-Fehlinformationen im Zeitverlauf (Januar bis Februar 2022) untersucht wurden. Es wurde zudem festgestellt, dass die Nutzung von Nachrichten den politischen Wissenszuwachs im Laufe der Zeit verstärkt, allerdings abhängig von den genutzten Medien. Die Autoren argumentieren, dass Nachrichten den Menschen helfen, besser informiert und in einigen Fällen besser gegen Fehlinformationen gewappnet zu sein.
Nachrichtenrepertoires von Jugendlichen in einer multimedialen Umgebung
Das Medienumfeld, in dem Jugendliche aufwachsen, ist komplex – und entsprechend komplex ist ihre Mediennutzung, die zunehmend durch die gleichzeitige Ausübung mehrerer Medienpraktiken geprägt ist. Dabei lösen sich klare Unterschiede zwischen den Arten von Praktiken, beispielsweise ob Nachrichten oder Popkultur konsumiert werden oder ob Online-Shopping oder Schularbeit stattfindet, auf. Zu diesen Erkenntnissen kommt eine Studie, in der Gruppeninterviews mit 12- bis 19-Jährigen geführt (N = 67) und 59 persönliche visualisierte Medienskizzen ausgewertet wurden. Die Forschenden haben die Beschäftigung von Teenagern mit Nachrichten als Teil ihres Medienrepertoires und ihr Verständnis davon, was Nachrichten im Kontext der allgemeinen Bedingungen sozialer Medienplattformen sind, untersucht. Sie schlussfolgern, dass die Definition von Nachrichtenjournalismus in diesem Kontext sehr instabil ist, wobei sich die Unterscheidung zwischen Pop und Politik generell auflöst.