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Hamburger Erklärung: Die informierte Gesellschaft verteidigen und die digitale Öffentlichkeit stärken

Angesichts der Gefahren durch Desinformation hat die Nachrichtenkompetenzinitiative #UseTheNews größere Anstrengungen gefordert, die im Grundgesetz garantierte Presse- und Meinungsfreiheit zu stärken. Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten Julia Becker (Funke Mediengruppe), Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg), Kai Gniffke (ARD-Vorsitzender und SWR-Intendant) und Peter Kropsch (dpa) stellvertretend für das Kuratorium der Initiative am Rande des Hamburger Mediendialogs.

2024-05-28 — Jens Petersen

#UseTheNews hat, mit Bezug auf den 75. Jahrestag des Grundgesetzes, ein "Jahr der Nachricht" ausgerufen. Zahlreiche Newscamps, das Angebot „Social News Daily“, Kooperationen mit Schulen sowie eine weitreichende Kommunikationskampagne bilden 2024 zusammen mit der Hamburger Erklärung die Schwerpunkte.

 

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburg sagt: „Die Pressefreiheit ist eine der großen Errungenschaften unserer Demokratie. Nach 75 Jahren wird sie nun mit Desinformationskampagnen und Fake News ganz gezielt angegriffen. Diese Attacken zielen auf den Kern unserer freiheitlichen und offenen Gesellschaft. Dagegen müssen sich Politik und Gesellschaft gut wappnen, denn unabhängige Medien sind für ein freiheitliches demokratisches Zusammenleben unverzichtbar. Das Vertrauen in die Medien und die Medienkompetenz in unserer Gesellschaft wollen wir stärken. Mit der ‚Hamburger Erklärung‘ setzen wir hierfür gemeinsam ein wichtiges Zeichen.“

 

Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende und Verlegerin der FUNKE Mediengruppe, sagt: „Die Hamburger Erklärung ist ein Weckruf: Die Gefahren, die von Fake News, maßlosen Übertreibungen und dreisten Lügen ausgehen, müssen endlich ernst genommen werden – und wir müssen gemeinsam dagegen angehen. Desinformationen zerstören nicht nur das Vertrauen der Menschen untereinander, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie, ihre politischen Repräsentanten und politischen Institutionen. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die die Feinde der Freiheit nutzen. Wir haben keine Zeit zu verlieren: Wir müssen endlich handeln.“
 

Prof. Dr. Kai Gniffke, ARD-Vorsitzender und SWR-Intendant, sagt: „In Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Deepfakes ist die Antwort auf die Frage, ‚Was ist Wirklichkeit und was Fälschung?‘ alles andere als einfach. Diese Herausforderung meistern wir nur, wenn wir zusammen für Qualitätsjournalismus einstehen: Verlage, öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftlich geführte Qualitätsmedien. Die Nachrichtenkompetenzinitiative #UseTheNews steht genau dafür - für einen gemeinsamen, medienübergreifenden Einsatz für demokratischen Diskurs und gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
 

Peter Kropsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der dpa sagt: „Damit die unabhängigen Medien ihrer gesellschaftlichen Verantwortung weiterhin nachkommen können, müssen sie auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis agieren. Den regulatorischen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Die deutschen Medienhäuser brauchen optimale Voraussetzungen, um neue Medienangebote für junge Menschen entwickeln und etablieren zu können. Dafür setzen wir uns mit der Hamburger Erklärung ein.“

Die Hamburger Erklärung von #UseTheNews im Wortlaut:
 

Die informierte Gesellschaft verteidigen, die digitale Öffentlichkeit stärken
 

75 Jahre nach Inkrafttreten unseres Grundgesetzes treibt viele Menschen die Sorge um, dass unsere Demokratie stärker bedroht ist als je zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Demokratie manifestiert sich im Willen einer Gesellschaft, sich selbst zu regieren, indem sie in fairer Weise Lösungen diskutiert, Kompromisse sucht und Mehrheiten findet, ohne Minderheiten auszugrenzen. Der Zugang zu verlässlichen Informationen ist die Grundlage hierfür. Der Artikel 5 des Grundgesetzes zur Medien- und Meinungsfreiheit garantiert so das demokratische Gespräch einer Gesellschaft.
 

Wir, das Kuratorium der Nachrichtenkompetenz-Initiative #UseTheNews, sind in Sorge um diese Grundlage unseres Gemeinwesens. Diskussionen leben von unterschiedlichen Meinungen über unbestreitbare Fakten. Wenn aber das Vertrauen in die Medien- und Meinungsfreiheit schwindet und die gemeinsame Faktenbasis erodiert, geraten politische Meinungsbildung und das demokratische Streitgespräch in Gefahr.

 

Verlässliche Nachrichten, denen junge Menschen vertrauen können
 

Die dramatische Zunahme von Desinformation erschüttert das Vertrauen in die demokratische Öffentlichkeit. Teile der Bevölkerung entfremden sich von den Informationsmedien, und gerade junge Menschen können oft nicht erkennen, welche Bedeutung Nachrichten für sie haben sollen – und welchen sie überhaupt trauen können.

Freien und starken Medien kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, mit verlässlichen Fakten und Nachrichten eine solide Meinungsbildung und den demokratischen Austausch zu ermöglichen. Wir nehmen unsere Verantwortung für eine starke digitale Öffentlichkeit ernst und erklären unseren Willen,

 

  • uns für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt einzusetzen,
  • das Bewusstsein für Gefahren der Desinformation zu schärfen,
  • Journalismus als eine Information sichernde und Orientierung schaffende Moderation gesellschaftlicher Kommunikation zu verstehen und zu gewährleisten,
  • Medien- und Nachrichtenkompetenz vor allem bei jungen Menschen zu stärken,
  • die veränderten Bedürfnisse der jungen Menschen ernst zu nehmen und gemeinsam mit ihnen neue, vor allem digitale Informationsformen und -angebote zu entwickeln,
  • das Vertrauen in journalistische Nachrichten zu fördern,
  • neue Foren für das gesellschaftliche Gespräch und Angebote der aktiven Beteiligung zu entwickeln,
  • die Wege in den Journalismus zu erleichtern und die Ausbildung zu modernisieren, damit der Journalismus auch in einer künftigen digitalen Öffentlichkeit seiner besonderen Rolle gerecht werden kann.

 

Nachrichtenkompetenz muss gefördert und KI klug reguliert werden

 

Die Vielfalt der Meinungen entspricht der Vielfalt der Gesellschaft. Als Journalismus getarnten Aktivismus lehnen wir ab.
Die Abwehr gezielter Desinformation ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die deutlich größere Anstrengungen erfordert als bisher:

  • Im Sinne einer wehrhaften Demokratie sind wir alle aufgerufen, die Widerstandskräfte in der Gesellschaft gegen Desinformation zu stärken.
  • Die wirtschaftlichen Grundlagen redaktioneller Medienangebote müssen regulatorisch und ordnungspolitisch gesichert werden, wenn wir dauerhaft journalistische Berichterstattung sicherstellen wollen.
  • Informations- bzw. Nachrichtenkompetenz muss auf Bundes- und Landesebene insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dringend gefördert werden. Schulen bieten unseres Erachtens eine zentrale Möglichkeit, die entsprechenden Inhalte und Kompetenzen zu vermitteln.
  • Wir sehen die digitalen Plattformen im Kampf gegen die Verbreitung von Desinformation und den daraus entstehenden Gefahren für unsere Demokratie in einer zentralen Verantwortung. Wir teilen die Sicht vieler Expert:innen, dass die bisherigen Vorgaben des Digital Services Act (DSA) nicht ausreichen.
  • Wir verbinden mit Künstlicher Intelligenz (KI) die Hoffnung auf neue Zugänge zu Informationen, die Chancen auf Bildung und Teilhabe verbessern. Von einer klugen Regulierung hängt es nun ab, ob KI die Reichweite von Desinformation potenziert oder sogar minimiert. Letzteres kann jedoch nur gelingen, wenn große KI-Anbieter für das Training ihrer Anwendungen auf faire Weise mit Medienunternehmen zusammenarbeiten.

    Für das Kuratorium:
    Julia Becker
    Dr. Carsten Brosda
    Prof. Kai Gniffke
    Peter Kropsch

    Die Hamburger Erklärung im Internet