Jens Petersen
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Weckruf für die Demokratie: Deutsche Medien wollen mit einem „Jahr der Nachricht“ die Öffentlichkeit wachrütteln

Mit einem bundesweiten „Jahr der Nachricht“ wollen die Partner:innen der Medien-Initiative #UseTheNews im kommenden Jahr auf die Bedeutung von vertrauenswürdigen Informationen aufmerksam machen. Der ARD-Vorsitzende Prof. Dr. Kai Gniffke und die Verlegerin der FUNKE Mediengruppe Julia Becker stellten die Pläne am Donnerstag gemeinsam mit Staatsrätin Almut Möller, Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg, beim Bund in der Hamburger Landesvertretung in Berlin vor.

2023-10-26 — Jens Petersen

Aktuelle Studien offenbaren eine wachsende Entfremdung zwischen den Nachrichtenmedien und Teilen der Bevölkerung. Zugleich hat die Zunahme von Desinformationen in den sozialen Medien zu deutlich mehr Verunsicherung und Misstrauen gegenüber Nachrichten geführt. Stellvertretend für ein breites Bündnis deutscher Medienhäuser haben die Aufsichtsratschefin der Funke Mediengruppe, Julia Becker, und der Intendant des SWR und ARD-Vorsitzende, Prof. Dr. Kai Gniffke, für das Jahr 2024 eine groß angelegte Kampagne vorgestellt, die das Bewusstsein für die fundamentale Bedeutung journalistischer Nachrichten für die Öffentlichkeit fördern soll. 

 

„Desinformation und Fake News, die zunehmenden tätlichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, der wirtschaftliche Druck auf unabhängige Medien: all das gefährdet die Presse- und Meinungsfreiheit. Im Jahr der Nachricht wollen wir erfahrbar machen, wie wichtig zuverlässig recherchierte, der Wahrheit verpflichtete Nachrichten für unser Zusammenleben sind. Ich freue mich auf die breite Kampagne, die täglichen Social Media- Shows und die Newscamps für die Generation Z“, sagte die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe Julia Becker für den Leitungskreis des #UseTheNews-Kuratoriums.

 

Der ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Prof. Dr. Kai Gniffke erklärte: „In Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Deepfakes ist die Antwort auf die Frage, ‚Was ist Wirklichkeit und was Fälschung?‘ alles andere als einfach. Diese Herausforderung meistern wir nur, wenn wir zusammen für Qualitätsjournalismus einstehen: Verlage, öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftlich geführte Qualitätsmedien. Das „Jahr der Nachricht“ steht genau dafür - für einen gemeinsamen, medienübergreifenden Einsatz für demokratischen Diskurs und gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ 

 

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburg: „Die Ergebnisse aktueller Studien zu Desinformation, zu Defiziten bei der Nachrichtenkompetenz und zu einem gewachsenen Misstrauen in Medien sind alarmierend. Uns droht die gemeinsame Faktenbasis für den demokratischen Diskurs abhanden zu kommen, und damit eine Grundlage unserer liberalen Demokratie. Unsere Initiative #UseTheNews leistet bereits seit drei Jahren bundesweit einen wichtigen Beitrag, um die Nachrichtenkompetenz junger Menschen zu verbessern. Dass mit einem ‚Jahr der Nachricht‘ nun von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medien gemeinsam ein Aktionsjahr gestartet wird, ist das richtige Signal zur richtigen Zeit.“

 

Das „Jahr der Nachricht“ wird ebenso wie die Initiative #UseTheNews von einer breiten Allianz von privaten und öffentlichen Partner:innen unterstützt. Neben der ARD, dem ZDF und RTL/ntv sind auch mehrere Verlagshäuser wie DER SPIEGEL oder die Funke-Gruppe sowie die führenden Verlegerverbände und die Organisation der Mediaagenturen (OMG) dabei, aber auch verschiedene Landesmedienanstalten, die Bundeszentrale für Politische Bildung, das Leibniz-Institut für Medienforschung sowie die Madsack-Stiftung oder die ZEIT-Stiftung.  

 

Das Programm zum “Jahr der Nachricht” baut auf vier Bestandeile: 

 

  • Eine Kommunikationskampagne soll unter dem Slogan „Nachrichten, die stimmen statt Stimmung machen“ die breite Bevölkerung ansprechen.
  • Ein sogenannter Social News Desk wird täglich ein Nachrichtenthema so aufbereiten, dass Jugendliche und junge Erwachsene den Zusammenhang zur eigenen Lebenswirklichkeit herstellen können. Die von einem Team von jungen Journalist:innen produzierten Video- und Audio-Formate sollen unter enger Einbindung von Schulklassen primär über Social-Media-Kanäle veröffentlicht werden. #UseTheNews arbeitet dabei mit der österreichischen Social-Media-Agentur Hashtag zusammen.
  • In regionalen Newscamps sollen Schüler:innen die Möglichkeit bekommen, einen digitalen Journalismus zum Anfassen zu erleben.
  • Dazu plant #UseTheNews Kooperationsprojekte zwischen Partnerschulen und Lokalredaktionen. 

 

Begleitet wird das „Jahr der Nachricht“ ab Oktober 2024 von einer Sonderausstellung im Museum für Kommunikation (Berlin, Frankfurt). Hinzu kommen Ende 2024 die Veröffentlichung eines Praxis-Whitepapers für Redaktionen sowie eine begleitende wissenschaftliche Untersuchung. 

 

Alarmierende Befunde einer neuen Studie zu „Gering Informationsorientierten“

 

Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung stellte im Rahmen der Pressekonferenz eine neue Studie zur jungen Nutzungsgruppe der „Gering Informationsorientierten“ vor. Sie machen etwa ein Drittel der 14- bis 24-Jährigen aus. Nach Einschätzung von Wunderlich ist die Entfremdung dieser Gruppe zu Nachrichten so tiefgreifend, dass sie nur noch mit erheblichem Aufwand für besonders niedrigschwellige Angebote der Informationsmedien zu erreichen sind.

 

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der dpa, Peter Kropsch betonte, angesichts der Bedeutung des Themas strebten die Initiatoren für das „Jahr der Nachricht“ ein möglichst breites Bündnis auch über den Kreis von #UseTheNews hinaus an. „Wir freuen uns über weitere Unterstützung und sind für zusätzliche Partner offen.“

 

#UseTheNews wurde vor drei Jahren von der dpa gemeinsam mit der Behörde für Kultur und Medien Hamburg gegründet mit dem Ziel, die Nachrichtenkompetenz von Jugendlichen zu verbessern und Journalismus und Jugendliche stärker miteinander in den Austausch zu bringen.

Foto: TINCON/Jonas Walzberg